Montag, 21. Juli 2014

Gedanken am 20. Juli 2014






Gedanken am 20. Juli 2014

70 Jahre sind es heute her, dass ein paar mutige Männer es wagten, sich gegen das brutale Hitler-Regime zu erheben. Das Attentat auf den Diktator misslang jedoch und der schreckliche Krieg ging noch Monate lang weiter. Viele Soldaten verloren in den Kämpfen – völlig sinnlos – ihr Leben und und unzählige jüdische Menschen kamen auf schreckliche Weise um.  Die Rache, die Hitler und seine Schergen nahm, war brutal.
Die am Attentat  beteiligten Personen wurden standrechtlich erschossen, ihre Familienangehörigen wurden in Sippenhaft genommen.

Inzwischen ist alles Geschichte, und wir, die damals gerade geboren wurden, blicken fassungslos  auf diese Zeit zurück. Alte Filme flimmern über die Fernsehschirme, breiten mit grauenerregenden  Bildern das ganze Ausmaß der damaligen Barbarei vor den Augen der Welt  aus.

Ich weinte. Bittere Tränen um all die armen Menschen, die in dieser unmenschlichen Diktatur sterben mussten. Selbst vor kleinen Kindern machten die Vollstrecker nicht halt.

70 Jahre nach diesen bewegten Zeiten  sollten wir eigentlich aus den vielen gemachten Fehlern und  der  fatalen Verblendung gelernt haben. Aber dem ist nicht so. Wir blicken  heute auf eine Welt, die miteinander im Krieg liegt.

In der Ukraine kämpfen – wahrscheinlich gesteuert und unterstützt von Russland – Separatisten um den Anschluss des Ostens an Russland.  Mit teilweise eroberten oder zur Verfügung gestellten modernen Waffensystemen schießen sie Flugzeuge,  nicht nur einige militärische des Gegners, sondern auch  eine zivile Boeing mit 290 Menschen an Bord vom Himmel.

Und wieder flackern Bilder des Grauens über die Bildschirme der Welt, Bilder,  die Ältere noch allzu gut aus dem letzten Krieg kennen. Eine würdige  Bergung und ordentliche Untersuchung der Absturzstelle wird von den  dort herrschenden Rebellen  mit Waffengewalt verhindert. Beide Länder, die Ukraine und Russland schieben sich gegenseitig die Schuld für diese schreckliche Tat zu.  Die Welt schaut wie so oft ratlos zu und fragt sich, wieso Menschen dermaßen  pietätlos und grausam sein können.

Wladimir  Putin, der als einziger Einfluss auf diese Region hat,  gebietet keinen Einhalt  und lässt die waffenstarrenden, maskierten Milizionäre nach Belieben gewähren. Offensichtlich ist es auf der Absturzstelle auch schon massiven Plünderungen gekommen.

Ein weiterer Kriegsschauplatz ist der Nahen Osten. Zwischen Israel und der Hamas ist ein tödlicher Kampf entbrannt. Beide Seiten beschießen sich erbarmungslos mit Raketen. Für beide Seiten scheint es um die totale Vernichtung zu gehen, ganz egal wie viel unschuldige Menschen dabei umkommen. Im Gazastreifen, der nur ein kleines Stück Land am Meer  in der Größenordnung von Köln ist, gibt es für die betroffenen Menschen kein Ausweichen. Sie sitzen in einer Mausfalle des Todes. Niemand sieht eine Lösung, diesen blutigen Konflikt zu lösen.

In vielen anderen Ländern werden wegen großer und kleinerer Konflikten Kriege geführt. Nicht über alle wird in den Medien berichtet.
Denken wir an Afrika, wo in Nigeria islamistische Kämpfer mit brutaler Gewalt einen Gottesstaat proklamieren wollen und dabei nicht davor zurückschrecken, Hunderte von blutjungen Mädchen in eine ungewisse, schreckliche Zukunft  in Sklaverei, Unterdrückung und sexueller Ausbeutung zu entführen.

Im Irak ist es die radikal-islamistische Terrorgruppe ISIS, die die   Herrschaft über das Land gewinnen sucht und es dabei ins Chaos stürzt. Christen werden gezwungen, entweder zum Islam überzutreten oder das Land zu verlassen. Ansonsten werden sie getötet.

Die  afrikanischen Flüchtlinge, die in Massen in viel zu kleinen Boot über das Mittelmeer kommen, um in Italien Asyl zu beantragen, sind Opfer der vielen Kriege, die in ihren Ländern geführt werden.  Diese Menschen setzen all ihr Hab und Gut aufs Spiel, vor allem aber ihr Leben, obwohl ihr Schicksal in Europa mehr als ungewiss ist. Das Paradies, von dem sie träumen, ist es sicher nicht. Auch hier schaut die westliche Welt zu und hat kein Konzept zur Lösung des Problems.

Zum Schluss ein paar Zeilen aus dem  großartigen,  melancholischen Song  der ehemaligen DDR-Band „Karat“,  die damals  so ergreifend und mutig  in ihren Liedern über den blauen Planeten  ihre Sehnsucht nach Frieden und Freiheit ausgedrückt haben. 

„Wie weit fliegt die Taube“:

„Manchmal denk ich daran,
wohin wenn alles brennt,
die Taube fliegt,
wohin der blaue Planet uns morgen bewegt.
Unser Kind stellt manchmal die Frage:
wohin fliegt die schneeweiße Taube, die ich liebe?
Und manchmal denk ich daran,
wohin wenn alles brennt,
die Erde fliegt,
wie lang der blaue Planet
uns noch bewegt.

Wie weit fliegt durch Bomben die Taube?
Denn wie Blei,
schwer wie Blei
liegt ein Fieber auf der Erde,
Stirbt unser Traum von allein,
wenn wir schweigen,
weil morgen früh wir nicht mehr leben....... ?“

 

Idar, 20 Juli 2014
Copyright ©2014 Gisela Bradshaw

Donnerstag, 26. März 2009

Donnerstag, 5. März 2009

Wenn einer eine Reise macht.......


Reisespaß in deutschen Landen oder unterwegs in einer Servicewüste

Es hatte sich ergeben, dass wir, meine Tochter und ich mit ihrem kleinen Kind, einem 15 Monate alten Mädchen, ihrem Hund, einem wunderschönen, malawischen Mischling und einem unglaublich voluminösem Gepäck mit dem Zug nach Hamburg reisen mussten. In dem Riesengepäck befanden sich allerlei Haushaltsgegenstände wie Töpfe, Geschirr, Decken usw., alles Dinge aus einigen Haushaltsauflösungen, die mehr ideellen als pekuniären Wert hatten und die man normalerweise besser im Auto transportiert hätte. Dies war aber unter den gegebenen Umständen nicht möglich.
Meine Tochter hatte versucht, für diese Reise ein Mutter-Kind-Abteil zu buchen, was aber wegen der Kurzfristigkeit nicht mehr möglich war. Stattdessen reservierte man für uns vier Plätze mit Tisch in einem normalen 2. Klasse-ICE-Abteil.
Uns war klar, dass es keine einfache Reise sein würde; dass es aber so katastrophal laufen würde, konnten wir nicht ahnen. Ich, als Mutter und Großmutter, sollte die mitfahren, um hilfreich eingreifen zu können, wenn Not am Mann (oder Frau) war. Diese Regelung sollte sich als sehr weise und hilfreich herausstellen.
Und so nahm diese denkwürdige Reise ihren Verlauf:
Bis Frankfurt/Main lief alles nach Plan (wir waren in Oberstein gestartet und hatten mit Freude festgestellt, dass die beiden Lifte am Obersteiner Bahnhof endlich fertig gestellt waren und - oh Wunder - auch funktionierten. So konnten wir mit unserem voluminösem Gepäck elegant auf den eine Ebene höher gelegenen Bahnsteig schweben, ohne, wie es früher der Fall gewesen war, schweißgebadet und außer Atem dort anzukommen.
Auf dem Frankfurter Bahnhof erkundigten wir uns bei dem “Chef de Gare“, wo sich in unserem ICE das Behindertenabteil befände. Dieses wollte nämlich meine Tochter ansteuern, um dort genau wie in einem Mutter-Kind-Abteil bequem und kleinkindgerecht reisen zu können. Weisungsgemäß stiegen, das heißt, schoben, schleppten und zogen wir unser Mammutgepäck inkl. Kinderwagen, Kleinkind und Hund (kniehoch) in den uns genannten Wagen. Noch völlig außer Atem stellte meine bahnreisegeübte Tochter fest, dass es der falsche Einstieg war: das Behindertenabteil läge auf der anderen Seite, meinte sie fachmännisch.
Wir mussten also auf die andere Seite des Wagens wechseln. Unsere Karawane schob sich also mühsam durch den Speisewagen, der gut besetzt und deshalb leider auch mit im Gang abgestellten Gepäck und lässig dort abgestellten Füßen mehr oder wenig unpassierbar war. Darüber hinaus wuselten zwei beflissene Ober durch die Gänge, beladen mit dampfenden Speisen und gekühlten Getränken. (So ein kühles Bier wäre jetzt auch nach unserem Sinn gewesen, aber in unserer Situation leider unerreichbar).

Am Ende des Ganges in Höhe der Kombüse stellten wir dann zu unserem Schrecken fest, dass der Durchgang für unseren Tross viel zu eng war. Auf mysteriöse Weise ließ sich der Kinderwagen auch nicht verkleinern, obwohl meine Tochter alle Tricks und letztendlich Gewalt anwendete, um das sperrige Gefährt auf ein durchgängiges Maß schrumpfen zu lassen.
Wie gestrandete Wale in einer Schleuse standen wir also da und verstopften für alle Menschen, die vorbei wollten, den Durchgang. Es gab nur einen Ausweg: wir mussten uns wieder auf unseren Ausgangspunkt im anderen Wagen direkt vor der Tür zurückziehen. Vorbei an Kopf schüttelnden Obern und indigniert blickenden vor dampfenden Tellern sitzenden Reisenden schoben wir uns also wieder zurück.
Wir hörten sie fast denken: was ist denn mit denen los? Wo wollen die hin? Einfach unverschämt, dauern hier den Betrieb zu behindern! Haben wohl kein Geld für eine Platzkarte!!
Endlich hatten wie unsere zweite mühselige Durchquerung des Speisewagens geschafft und postieren uns – außer Atem und schweißgebadet - wieder an unserem Ausgangsplatz direkt im Eingangsbereich vor den Türen.
Meine Tochter stürmte noch einmal los, um drüben auf der anderen Seite nachzusehen, ob in dem Behindertenabteil überhaupt Platz für uns wäre. Sie verschwand für eine kleine Ewigkeit.
Ich wartete und wartete. Unser kleines Mädchen, eigentlich noch ein Baby mit ihren 15 Monaten, war ganz brav und auch Msanga, die Hündin, verhielt sich vorbildlich. Gleichmütig saß sie da und blickte mit ihren braunen großen Augen vor sich hin.
Ein Zugbegleiter, der uns schon beim Einsteigen beobachtet hatte, fragte mich plötzlich auf bestem Hessisch: „Warum gehen Se denn net nebnaan in de Mutter-Kind-Abtäl, do is doch Platz?“
Ich schaute ihn entgeistert an. Warum hatte er uns nicht eher diesen Tipp gegeben? Schließlich war er doch Zugbegleiter und sollte für die Reisenden da sein. Anstatt uns zu helfen oder einfach einmal zu fragen, was unser Problem sei, hatte er uns von Anfang an nur missbilligend angestarrt.
Endlich tauchte meine Tochter wieder auf. Sie hatte das Abteil für uns klar gemacht, indem sie einem netten jungen Paar unsere Reservierung (für 4 Plätze) in die Hand gedrückt hatte. Das andere Paar, ältere Leute, jedoch frei von jeder Behinderung und somit ohne Anrecht auf Plätze in diesem Abteil, wären nicht willens gewesen, ihre Plätze am Fenster aufzugeben.
Jetzt machten wir uns alle zusammen wieder auf zu der dritten Durchquerung des Speisewagens. Bei diesem Mal ließen wir allerdings ein Teil unseres Gepäcks inkl. des sperrigen oder besser störrischen Kinderwagens zurück. Meine Tochter würde alles später Stück für Stück herüberholen.
Ein weiteres Mal vorbei an elegant Speisenden und entspannt, ihre langen Beine lässig ausstreckenden Lesenden, wahrscheinlich meist 1. Klasse Reisenden, die uns jetzt total entgeistert, ja fassungslos anglotzten, bahnten wir uns den Weg in Richtung Behindertenabteil. Auch die Ober, immer noch beflissen mit köstlich duftenden Speisen und frischen kalten Getränken unterwegs, waren offensichtlich „not amused“, uns noch einmal zu sehen.
Am Ziel unseres Unterfangens, das schon Züge einer unfreiwilligen Odyssee angenommen hatte, waren wir nicht willkommen. Das eiserne alte Paar am Fenster zeigte ganz offen ihren Unmut, dass es in ihrem Idyll gestört wurde, und das speziell in Form eines Kleinkindes, das ja bekanntlich dauernd schreit und auch sonst Unruhe verbreitet.
Unser süßes kleines Mädchen, ein Bild von einem Kleinkind, das erstaunlicherweise ganz brav war und nicht ahnend wie unwillkommen es bei diesen Leuten war, sogar versuchte, in ihrer süßen Babysprache mit den Alten zu kommunizieren. Das eiserne Paar würdigte das Kind keines Blickes und blickten ausdruckslos durch das Kind hindurch. Als dann meine Tochter versuchte, ihre Kleine zu füttern (mit kaltem Essen, das die Crew in der Küche nicht aufwärmen wollte oder konnte) und ein bisschen von dem Essen zwangsläufig auf den Boden fiel, versteinerten sich die Mienen des Paares vollends.
Unser Hund, Msanga, saß derweil wegen Platzmangels draußen im Gang beim Gepäck und schaute noch immer mit ihrem schönen Gesichtchen gleichmütig drein. Bei jeder Station mussten wir zum Ausgang eilen, um unsere Koffer und den Hund aus dem Weg zu schieben, damit Leute aus- und zusteigen konnten.
In Hannover verließ dann das eiserne Paar den Zug, und wir atmeten auf. Endlich hatten wir für die letzte Strecke das Abteil für uns allein. Auch Msanga durfte jetzt dabei sein, sie machte sich erst einmal über die verstreuten Essensreste her und sorgte so für einen tadellosen Fußboden. Nach ihrer Mahlzeit verzog sie sich genüsslich unter den Tisch und versank in einen tiefen Schlaf. Kein Wunder, bei all den Strapazen, die sie auf dieser Fahrt erleiden musste.
In Hamburg hatten wir es dann fast geschafft. Wir stiegen – dieses Mal mit Hilfe von ganz lieben Menschen, die uns ganz selbstverständlich mit unserem sperrigen Gepäck halfen – in den Zug nach A.
Am Abend dieses Tages versanken wir alle in einen tiefen, traumlosen Schlaf.
Von Zügen, Koffern, nicht zerlegbaren Kinderwagen, stoffeligen Mitreisenden und unfähigen Zugbegleitern hatten wir an diesem Tag mehr als genug.
Fazit: auf die Information, dass in Deutschland (endlich) wieder mehr Kinder geboren werden, sollte auch die Deutsche Bahn reagieren, indem sie genügend Mutter-Kind-Abteile zur Verfügung stellt und die Zugbegleiter dahingehend schult, dass sie Gestrandeten wie wir es an diesem Tag waren, tatkräftig und unbürokratisch unter die Arme greifen.
Das andere Problem ist das unfreundliche Verhalten der Mehrzahl der Bevölkerung kleinen Kindern gegenüber (auch, wenn sie so lieb wie kleine Engel sind) und kann offensichtlich nicht so einfach gelöst werden. Unfreundliche Leute, wie wir sie auf unserer Reise getroffen haben, sollten jedoch nicht vergessen, dass alle Kinder unsere Zukunft sind (selbst, wenn manche von ihnen einmal nicht so brav sind).

Copyright G.Bradshaw
Im März 2009